Neu im Museum bei der Kaiserpfalz
Die Mobile-App »Ingelheim zur Römerzeit«
Das Museum bei der Kaiserpfalz Ingelheim hat eine Mobile-App entwickelt, mit der Nutzer in die Welt der Antike eintauchen können. Im Mittelpunkt stehen die drei römische Statuen, deren Originale im Museum besichtigt werden können. Diese lebensgroßen Figuren waren ursprünglich Teil eines monumentalen, farbig gefassten Grabmals, das im 1. Jahrhundert n. Chr. in der Nähe eines römischen Gutshofes, einer »Villa rustica«, errichtet wurde. Das Grabmonument wurde nach wissenschaftlichen Standards digital rekonstruiert, wobei auch die auf den Statuen noch vorhandenen Farbspuren mit aktuellen technischen Methoden untersucht wurden. Die Ergebnisse der Analysen sind in die App eingeflossen, mit der eine »Augmented Reality« (erweiterte Realität) der römischen Lebenswelt aufgerufen werden kann. Durch die Kamera des Smartphones oder Tablets und die Verknüpfung der Inhalte mit GPS-Koordinaten kann das Monument mitsamt der Umgebung über die heutige Landschaft geblendet und in einem 360°-Panorama betrachtet werden. Auf diese Weise gewinnen Nutzer einen Eindruck davon, wie es rund um das heutige Ingelheim vor etwa 2000 Jahren ausgesehen haben könnte.
Die App beinhaltet eine geführte Tour mit mehreren Stationen, die anhand von Texten, Bildern und Audiosequenzen viel Wissenswertes über die römische Epoche vermitteln. Wer sich für Details der wissenschaftlichen Rekonstruktion interessiert, wird dort ebenfalls fündig. In einer Videosequenz schlüpft eine junge Darstellerin in die Rolle der Gallo-Römerin »Prima«. Sie erzählt von der hypothetischen Entstehungsgeschichte des Grabes, auf dem ihre Eltern dargestellt sind. Dank der außergewöhnlich guten Erhaltung der Figuren ist es gelungen, diesen »ältesten bekannten Ingelheimern« mithilfe der App wieder ein Gesicht zu verleihen.
In der Fachwelt gelten die Ingelheimer Figuren als herausragende Beispiele antiker Bildhauerkunst in den römischen Provinzen. Schon 1930 verglich Ferdinand Kutsch Skulpturen von der römischen Gräberstraße in Mainz-Weisenau mit den Ingelheimer Figuren und stellte für Letztere fest: »Hier pocht es unter der Haut und ist seelische Spannung im Gesicht, (es) lebt noch etwas Vergeistigung im griechischen Sinne, und das gerade hebt sie heraus.« Ein Glücksfall der Archäologie sind auch die Reste der einstigen Bemalung, die an zwei Figuren selbst mit bloßem Auge zu erkennen ist. So war es möglich, auch die Farbigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rekonstruieren. Historisch bedeutsam sind die Figuren auch deshalb, weil die gallo-römische Mischtracht der weiblichen Verstorbenen die Romanisierung veranschaulicht. Mit diesem Begriff wird die allmähliche Anpassung der einheimischen Bevölkerung an die Sitten und Gebräuche der Römer bezeichnet.
Die App »Ingelheim zur Römerzeit« ist für IoS und Android verfügbar. Sie kann über die QR-Codes unten auf dieser Seite oder an einer Infotafel vor Ort heruntergeladen werden. Die App ist nicht ortsgebunden, erzielt aber aufgrund der AR-Funktion ihre größte Wirkung, wenn sie am ehemaligen Standort des Grabmals genutzt wird.
Finanziert wurde die Ingelheimer Römer-App mit Bundesmitteln aus dem Projekt »museum4punkt0« (www.museum4punkt0.de). Das Verbundprojekt hat seit 2017 zahlreiche digitale Projekte von Museen und kulturellen Einrichtungen in ganz Deutschland gefördert. Die Ergebnisse und Programm-Codes der zum Teil sehr unterschiedlichen Projekte wurden anschließend der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, um dadurch mehr Nachhaltigkeit im Bereich der Digitalisierung kultureller Inhalte zu erzielen.
Abbildung: © Stadtverwaltung Ingelheim / Link 3D
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